Eine organisierte Radtour durch die Wetterau, 60 Kilometer, vielfältige Landschaften, historische Wege, und das kollektive Erlebnis – eine schöne, sportliche Initiative unserer Zeit, die scheinbar so viel vereint: Naturerlebnis, regionale Identität, gemeinschaftliches Miteinander. Dass E-Bikes ausdrücklich empfohlen werden und die Strecke sorgfältig an Pausen, gastronomische Haltepunkte und touristische Attraktionen angepasst ist, unterstreicht die Bemühung um Teilhabe und Komfort für alle.
Aber hier beginnt mein grundsätzlicher Einspruch. Was einst Ausdruck individueller Freiheit war – die eigene Kraft an den Pedalen, die Entdeckung bislang unbekannter Wege in selbst gewähltem Tempo –, wird mehr und mehr zu einer halbstaatlichen Organisationsaufgabe. Von der Anmeldung bis zur Streckengestaltung, von der empfohlenen Ausrüstung bis zur Pausenorganisation – alles wird kollektiv, geplant und reguliert. Die Gruppenradtour, ein Abbild der Gesellschaft, in der Individualität zunehmend der koordinierten Verwaltung weicht.
Was einst spontane Entdeckung war, wird nun zum betreuten Erleben. Selbst das Mittagessen ist als Bestandteil eines umfassenden Plans vorgegeben. Wird die Freiheit des Einzelnen nicht langsam durch die Bevormundung des Kollektivs ausgehöhlt – selbst in solchen scheinbar harmlosen Freizeitvergnügungen? Man könnte meinen, die größte Sorge dieser Zeit sei, dass sich einer ohne Anmeldung und E-Bike-Antrieb vielleicht auf der Strecke verirrt – oder gar, Gott bewahre, erschöpft, aber glücklich und mit verwehten Haaren, sein Mittagessen selbst wählen muss.
Die freie Gesellschaft lebt von der Eigeninitiative, vom Mut, auch Risiken einzugehen, von der Freude am Ungeplanten. Wenn wir jede Aktivität, sogar den Ausflug aufs Land, Schritt für Schritt kollektiv planen und absichern lassen, verlieren wir das, was echtes, persönliches Erleben ausmacht. Gewiss, Sicherheit mag wichtig sein; doch Freiheit bedeutet eben auch, sich selbst zuzumuten und sich frei zu entscheiden – selbst wenn der Anstieg steil und die Planung nicht perfekt ist.