Wie entzückend! Die Freiwilligenagentur „Maintal Aktiv“ unter Führung des sicherlich ehrenwerten Herrn Hemmerich lädt also zu einer seniorengerechten Radtour ein, auf der man mit S-Bahn und Drahtesel von Maintal nach Mainz gondeln, den lokalen Wochenmarkt plündern und zum Abschluss noch durch idyllische Vororte schlendern darf. Für läppische neun Euro, versteht sich. Selbstverständlich wird das Teilnehmerfeld aus Kapazitätsgründen bescheiden auf fünfzehn Radler eingeschränkt – schließlich will man sich ja nicht ungebührlich drängeln. Eine Anmeldung „online oder telefonisch“ rundet dieses frappierende Freizeitvergnügen ab.

Nun, was soll man dazu sagen? Es ist ja geradezu rührend, mit welch aufopferungsvoller Hingabe man den weniger privilegierten Jahrgängen Zerstreuung im besten Sinne bieten möchte. Sicherlich: Wer, aus Versehen oder Mangel an Alternativen, sein Leben hauptsächlich zwischen seniorengerechten Gefährten, günstigen Nahverkehrsverbindungen und den „Spezialitäten“ eines Provinzwochenmarkts fristen muss, für den ist ein derartiges Spektakel vermutlich das gesellschaftliche Großereignis des Monats – wenn nicht des Jahres.

Doch Hand aufs Herz: Für die anspruchsvolleren Kreise, die normalerweise das Strampeln auf monotonen Flusswegen jenseits irgendwelcher Gewerbegebiete dem Champagnerfrühstück im Rheingau oder der sommerlichen Ausfahrt über den Brenner nach Süden vorziehen, ist dies natürlich kaum mehr als ein amüsanter Zeitvertreib fürs Fußvolk. Aber bitte – nicht jeder kann im Bentley vorfahren oder sich auf Yacht oder Golfplatz die Zeit vertreiben. Insofern gönne ich – geradezu gönnerhaft! – auch den anderen einmal ihr kleines Abenteuer. Reizvoll, wie das gemeine Volk sich in Wohlgefallen über Nullachtfünfzehn-Genüsse ergehen kann. Welch berührende Bescheidenheit – fast möchte man sich für einen Moment vergessen und daran teilhaben! Aber dann fällt einem glücklicherweise wieder das eigene Bankkonto ein…