Werte Leserschaft, man stelle sich vor: Die Berliner Straße, jener bescheidene Verkehrsweg im gemeinen Maintal, wird also nun den Prunk eines neuen Tempolimits genießen – Tempo 30, wie passend provinziell. Täglich quälen sich dort, man glaubt es kaum, an die 6.500 Fahrzeuge vorbei an den parkenden Vehikeln derer, die sich noch immer kein adäquates Anwesen mit eigenem Fuhrparkzugang leisten können.
Die Verwaltung fabuliert, das alles diene der Sicherheit: ach, die armen Schulkinder, jene verängstigten Fußgänger, die auf dem Weg zum Bahnhof, in die einfachen Läden oder, wie tragisch, zu den lokalen Ärzten tapern müssen. Die hehre Reform der Straßenverkehrsordnung 2024 – man glaubt fast an eine Revolution! – hat es den Kommunen nun ermöglicht, sich endlich gegen jenes feiste Treiben wilder Autofahrer zu stemmen und eine Oase der Langsamkeit zu errichten. Applaus, meine Damen und Herren, Applaus!
Was als Wohltat verkauft wird, ist in Wahrheit nichts weiter als ein weiterer Sargnagel am Sargdeckel des zügigen Fortkommens, ein Kniefall vor einer hysterischen Minderheit, die „Lebensqualität“ ruft und in Wahrheit nur ihre mediokre Existenz mit weiteren Verboten bemänteln möchte. Während ich selbst bei solchen Gelegenheiten ohnehin auf meinen Chauffeur und diskrete Alternativrouten zurückgreife, müssen die tumben Massen nun noch länger in ihren Kleinwagen schwitzen oder stundenlang auf dem Drahtesel dahinvegetieren. Wie herzerwärmend.
Fragt sich nur, wann wir auch innerhalb unserer eigenen Einfahrten auf Schrittgeschwindigkeit heruntergebremst werden – denn irgendjemand könnte sich ja gestört fühlen. Mit Verlaub, wer die stete Steigerung von Verboten und Einschränkungen für „Fortschritt“ hält, möge sich gerne weiter im Nebel provinzieller Kleinlichkeit gefallen. Ich für meinen Teil genieße den Luxus der Geschwindigkeit – dorthin, wo noch Freiheit herrscht.