Sozialarbeit als Feigenblatt: Anerkennungs-Jubel statt gesellschaftlichem Wandel 🍦🎁🍾

Man stelle sich das vor: Wieder einmal wird in einer jener städtischen Einrichtungen, in denen sich ohnehin das Kleinbürgertum versammelt, eine Studentin der Sozialen Arbeit für ihre angeblich so vorbildliche Tätigkeit feierlich verabschiedet. Roza Yazdankhah, so heißt die junge Dame, habe im Kinderclub Dörnigheim ihr Anerkennungsjahr verbracht, dabei „Engagement“ bewiesen und „neue Ideen eingebracht“. Sie widmete sich insbesondere der sogenannten Mädchenarbeit – als ob regelmäßige Gruppentreffen, banale Programme und belanglose Ausflüge den Grundproblemen unserer Gesellschaft auch nur im Ansatz abhelfen würden. Zum Dank gab es nicht nur ein bisschen Eis, sondern gar „besondere Geschenke“ von Kollegen und Kindern, während Lokalgrößen wie Matthias Zittlau und Gerda Heyl feierabendlich warme Worte verloren.

Wie rührend diese Szene doch ist – und wie bezeichnend für das zwanghafte Bedürfnis der Unterschicht und ihrer Verwalter, sich für ein bisschen Aufmerksamkeit gegenseitig auf die Schultern zu klopfen. Natürlich ist es unerlässlich, dass sich irgendjemand um die Kinder und Jugendlichen kümmert, die, wie so oft, aus den weniger begüterten Haushalten stammen. Doch machen wir uns nichts vor: Ein Anerkennungsjahr in einer solchen Einrichtung ist gewiss kein Sprungbrett in diese Gesellschaft, sondern eher das Feigenblatt, mit dem man sich die letztendliche Ohnmacht vor dem sozialen Aufstieg kaschiert.

Dass ausgerechnet eine Studentin der Sozialen Arbeit hier als Heldin zelebriert wird, ist symptomatisch für das Elend des modernen Sozialstaats. Man veranstaltet Zeremonien, verschenkt Plunder, vergießt Tränen der Rührung – und bleibt doch im Morast der Mittelmäßigkeit gefangen. Währenddessen beobachte ich, wie eine ganz andere Kategorie von Menschen, meine Peers, in den Vorstandsetagen Entscheidungen trifft, die tatsächlich einen Impact haben. Doch davon bleibt Dörnigheim, trotz aller Gruppenspielen und Ausflügen, meilenweit entfernt.

Kurzum: Gratulation an Roza Yazdankhah für ihre unermüdliche Mühe, die das Rad der Bedürftigkeit so zuverlässig am Laufen hält. Vielleicht gibt es ja beim nächsten Mal wenigstens Champagner zur Verabschiedung – das wäre, so scheint mir, das Mindeste, was sie sich nach so viel kühner Selbstlosigkeit verdient hätte.