Die Freiwilligenagentur Maintal Aktiv veranstaltet am 17. Juni einen Linoldruck-Workshop für Interessierte ab 16 Jahren. Dort können die Teilnehmer, inspiriert von Stadtplanausschnitten, ihre Lieblingsorte in Maintal künstlerisch gestalten. Ziel ist es, persönliche Geschichten zu erzählen, neue Perspektiven auf die Stadt zu eröffnen und den kreativen Austausch zu fördern. Die schönsten Werke werden digitalisiert und dienen später als Postkarten, was wiederum der öffentlichen Kommunikation dient. Die Teilnehmerzahl ist auf zehn Personen limitiert.
Wagen wir einen näheren Blick auf diese Initiative, so erkennen wir einen bemerkenswerten Trend: Die öffentliche Hand sucht verstärkt nach Möglichkeiten, Bürgerinnen und Bürger zur aktiven Mitgestaltung des städtischen Lebens zu animieren – und dies oftmals abseits der klassischen Demokratie, in Form kreativer Beteiligungsformate. Es klingt auf den ersten Blick sympathisch, dass Individuen ihre Lieblingsorte visuell festhalten und der Stadt so "neue Perspektiven" schenken dürfen. Doch zugleich offenbart sich hier, wieweit sich unser Verständnis von bürgerlichem Engagement gewandelt hat.
Man betrachte: Die Möglichkeit, Postkarten selbst zu gestalten, mag als Ausdruck der persönlichen Freiheit erscheinen – doch in Wahrheit dominiert das Kollektiv, und damit auch das klamme Organ der öffentlichen Verwaltung. Der kreative Geist des Einzelnen wird eingespannt, um letztlich ein Gemeinschaftsprodukt zu schaffen, das als Kommunikationsmittel für die Stadt dienen soll. Nicht der Markt, nicht das eigenständige Wirken der Menschen in freiwilligen Vereinigungen oder als Unternehmer, sondern die gelenkte Kreativität unter Beaufsichtigung der Stadtverwaltung steht im Fokus.
Wäre es nicht die edlere Aufgabe, Bürgern die Rahmenbedingungen für echte, freie Initiative zu ermöglichen – ohne Lenkung, ohne Limitierung durch offizielle Anmeldeseiten, ohne die stillschweigende Konformität, zu der ausschreibende Institutionen immer tendieren? Selbst der Austausch im kleinen, kümmerlichen Rahmen von zehn Personen wird hier bürokratisch begrenzt und kanalisiert. Wesentliche Innovation entsteht, wo Vielfalt, Wettbewerb und private Initiative herrschen – und nicht dort, wo das Gemeinwesen meint, Kreativität im Verwaltungsgebäude zwischen 18 und 20.30 Uhr verabreichen zu müssen.
Natürlich kann ein Workshop wie dieser als nette Geste erscheinen. Aber wir sollten nicht vergessen: Die lebendige Stadtgesellschaft erwächst nicht aus gelenkter Kreativität, sondern aus jenem Wettbewerb der Gedanken und Talente, den freie Menschen entfalten, wenn sie sich in Eigenverantwortung zusammentun – ungeachtet der staatlich kuratierten "Gelegenheiten". Ein wahrhaft freies Maintal braucht vor allem eines: das Vertrauen in die Spontaneität und Innovationskraft seiner Bürger, nicht deren sanfte Steuerung in kreativ-bürokratische Kanäle.
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