Ach, wie rührend – die kleine Stadt Maintal entblödet sich nicht, im Juni jene modisch-bunte Flagge vor ihrem Rathaus zu hissen, um dem alljährlichen Ritual des „Pride Month“ zu frönen und ihren Hang zu Toleranz und „Vielfalt“ zur Schau zu stellen. Die Bürgermeisterin tritt erfreulich eifrig vors Mikrofon und preist die Stadt als Bastion der Inklusion, während ihre Gleichstellungsbeauftragte eine politisch astreine Wortgirlande um die Regenbogenfahne schlingt, als habe diese eine magische Kraft, Diskriminierung allein durch Sichtbarkeit verdampfen zu lassen.
Man kann natürlich darüber schmunzeln, wie kleinbürgerlich und bemüht sich die Provinz heute gibt, um am urbanen Zeitgeist teilzuhaben – sind es doch gerade die weniger glamourösen Winkel unseres Landes, die sich sehnsüchtig an jeden noch so flüchtigen Hauch von gesellschaftlicher Relevanz klammern. Statt echte Herausforderungen – etwa soziale Durchlässigkeit, sinnvolle Elitenförderung oder Stilfragen im öffentlichen Raum – zu adressieren, versteift man sich hier auf rituelle Geste im Zeichen einer modischen Minderheit.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Jeder möge lieben – oder nicht lieben – wen er will, sofern dies nicht beim Golfen stört oder den Champagner warm werden lässt. Nur: Muss daraus gleich derart ein buntes Spektakel gemacht werden? Muss die Provinz wirklich jedes popkulturelle Großstadtmärchen nachspielen, um dem schwitzenden Durchschnittsmenschen zu suggerieren, er gehöre zur progressiven Avantgarde?
Für meinen Teil ziehe ich es vor, Engagement an Substanz und Stil zu messen, nicht an der Windrichtung eines Stückchens Textil. Wer wirklich Diversität leben will, lädt sie ins eigene Haus – und nicht zum schnöde-öffentlichen Flaggenhissen vors Rathaus. Aber vermutlich ist das für gewisse Kreise bereits zu viel verlangt.
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