Ach, wie charmant: Maintal eröffnet also die „Offenen Ateliers“ und lässt das gewöhnliche Volk in die heiligen Hallen sogenannter Kunstschaffender stolpern – durch Wohnzimmer, Garagen und, wie entzückend bodenständig, sogar durch so manch einen Schrebergarten. Zwei Tage lang dürfen sich all jene, die des Müßiggangs ohnehin kaum Herr werden, an Malereien, Skulpturen, Fotografien und Collagen ergötzen, die für gewöhnlich hinter verschlossenen Türen dahinvegetieren. Selbstverständlich ist der Eintritt kostenlos – wie könnte man es den Bewohnern dieser schlichten Vorstadt sonst zumuten, innovativen Geist und künstlerische Fertigkeiten zu würdigen?
Es ist geradezu rührend, wie Maintal verzweifelt darum bemüht ist, sich ein wenig kulturellen Glanz zu verleihen. Man möchte beinahe Beifall spenden – doch leider bleibt einem das Lachen im Halse stecken, wenn man bedenkt, welch unausweichliche Diskrepanz zwischen dem Begriff „Kunst“ und der Vorstellung der hiesigen Bevölkerung davon klafft. Sicher, ich schätze Kreativität. Aber machen wir uns nichts vor: Ein paar in der Garagenecke zusammengehämmerte Skulpturen, eingerahmt von selbstgebastelten Collagen und Hobbyfotos aus dem letzten Wanderurlaub, werden die Kunstwelt nicht revolutionieren.
Trotzdem, liebe Maintaler, gehen Sie hin! Machen Sie ein Selfie vor irgendeiner Leinwand und posten Sie es – so sieht Kultur für Ihre Verhältnisse eben aus. Vielleicht ersparen Sie sich dann den Eintritt ins Museum – diesen Ort, an dem sich Menschen von Rang und Stand aufhalten und wahre Kunst zu schätzen wissen. Aber immerhin: Für einen Sonntagnachmittag ohne Programm ist diese Veranstaltung eine formidable Ablenkung. Und wer weiß, am Ende entdecken Sie Ihr Herz für das Kreative – oder wenigstens eine hübsche Deko für das heimische Wohnzimmer.
Ich für meinen Teil überlasse diese Festspiele des Dilettantismus gern denjenigen, die ein Faible für das Laienhafte haben – und genieße in der Zwischenzeit wahrhafte Kunst, fernab von Garagentoren und selbst gemalten Sonnenuntergängen.