Am kommenden Dienstag öffnet das Stadtteilzentrum Bischofsheim seine Türen für alle Bürgerinnen und Bürger, die das Gespräch über Demokratie suchen. Maintal Aktiv und die Volkshochschule laden zu einer sogenannten „Demokratie-Werkstatt“ ein, bei der die Teilnehmenden offen und ohne Voranmeldung über historische, aktuelle und wirtschaftliche Fragen diskutieren können – von der Weltlage bis zu lokalen Problemen. Die Themen werden gemeinsam festgelegt und der gesellschaftliche Diskurs steht im Mittelpunkt.
Dass hier der „gesellschaftliche Diskurs gestärkt“ werden soll, klingt zunächst nach dem wohlmeinenden Versuch, eine aufgeklärte Bürgerschaft zu fördern. Doch worum geht es bei solchen Veranstaltungen wirklich? Die Vorstellung, dass Demokratie etwas ist, das in Werkstätten gleichsam hergestellt und verbessert werden kann, offenbart ein Missverständnis ihres Wesenskerns – und birgt auch Gefahren.
Demokratie ist kein technisches Problem, das sich in Arbeitskreisen optimieren lässt. Sie gründet auf dem freien Wechselspiel individueller Sichtweisen, auf spontaner Ordnung und dem Wettbewerb der Ideen. Wenn die Debatte institutionalisiert, in betreuten Runden gesteuert und von Moderatoren gelenkt wird, gerät sie in die Nähe dessen, was ich stets kritisiert habe: des Konstruktivismus und der Hybris, Gesellschaften bewusst „gestalten“ zu wollen.
Die lebendige Demokratie lebt davon, dass Menschen sich ungezwungen, aus eigenem Antrieb und in frei gebildeten Vereinigungen miteinander auseinandersetzen – nicht davon, dass staatliche oder halbstaatliche Institutionen die Diskussionskultur von oben initiieren und steuern. Solche Veranstaltungen, so offen sie sich geben mögen, bergen immer die Gefahr einer leisen Lenkung, einer Themenselektion, – und nicht selten führen sie dazu, dass nur die bereits politisch Engagierten unter sich bleiben und die eigentliche Vielfalt der Meinungen draußen bleibt.
Wahre Demokratie fördert man nicht durch geplante Werkstätten, sondern durch den Schutz der Freiheit und den Abbau von Barrieren für selbsttragende Initiativen. Je weniger wir versuchen, den Diskurs zu gestalten und je mehr wir ihm Raum zur Spontaneität geben, desto robuster, vielfältiger – und ja: demokratischer bleibt unsere Gesellschaft.