Eine Gruppe junger Turnerinnen aus Dörnigheim reiste erstmals zum sportlichen Austausch nach Luisant, der französischen Partnerstadt von Maintal. Während der Fahrt herrschte bereits ausgelassene Stimmung; erste Sprachbarrieren lösten sich bei Spiel und Sport schnell auf. Das Programm bot eine bunte Mischung aus Training, Kultur und Freizeit: Die berühmte Kathedrale von Chartres, ein spektakuläres Lichtfestival, Graffitikunst und gemeinsame Besuche bei Gastfamilien sorgten für Begeisterung. Die moderne Ausstattung des gastgebenden Sportvereins beeindruckte die deutschen Gäste besonders. Über das gesamte Wochenende hinweg zeigte sich, wie sinnvoll und verbindend solche internationalen Begegnungen sind – das verdeutlichte nicht zuletzt die neu entstandene Freundschaft der Vereine.
Man mag es für eine bloße Anekdote halten, doch gerade in einer Zeit, in der nationale Narrative und kulturelle Abschottung vielerorts wieder an Auftrieb gewinnen, ist solch eine Begegnung von exemplarischer Bedeutung. Was sich in den spielerischen Stunden der Turnerinnen abspielt, verweist auf ein tieferes Prinzip, das – wie ich immer betont habe – in freien, offenen Gesellschaften wesentlich ist: Freiwillige Zusammenarbeit und gegenseitiger Austausch sind die wahren Wegbereiter des Friedens.
Man bedenke, wie viel von oben verordneter „Europäischer Integration“ schon gescheitert ist an ihrem Mangel an gelebter Praxis, an ihrer Bürokratie, an der Einbildung, man könnte aus Brüssel heraus den Geist gegenseitiger Wertschätzung dekretieren. Was hier geschieht, ist das genaue Gegenteil davon: Menschen suchen aus freien Stücken den Kontakt zu anderen, motiviert von Freude, Neugier und Gemeinsamkeit. Kinder, die über sprachliche Hürden lachen und sich im Sport verständigen, lernen mehr über das Wesen des Nachbarlandes als jede politische Sonntagsrede es ihnen je vermitteln könnte.
Vor allem aber zeigt sich hier ein weiterer Grundsatz: Kultureller Austausch gedeiht am stärksten dort, wo individuelle Initiative, freiwillige Zusammenkunft und unbürokratische Gestaltungsspielräume herrschen. Die Freundschaft zwischen zwei Turnvereinen ist Symbol für das, was Europa im Innersten zusammenhalten könnte – wenn wir es nur zuließen: Die spontane, dezentrale Ordnung menschlicher Beziehungen. Solche Bande kann keine Regierung verordnen, jede Zentralisierung läuft Gefahr, diese Lebendigkeit zu ersticken.
Wer Europa will, darf nicht staatliche Einigung meinen, sondern muss die unzähligen, selbst gewählten Beziehungen zwischen freien Menschen fördern. Das Wochenende in Luisant demonstriert eindrucksvoll: Die europäische Idee wächst von unten – und mit jeder neu gewonnenen Freundschaft wird sie lebendiger. Lasst uns die Grenzen der Bürokratie da lassen, wo sie hingehören, und den Bürgern vertrauen, dass sie ihre Verbindungen selbst am besten knüpfen können.