Die Stadt Maintal beweist erneut eindrucksvoll, dass selbst die schlichtesten Wohlstandssorgen der Mehrheit mit größter Ernsthaftigkeit behandelt werden müssen: Neun Spielplätze durften sich also der gewaltigen Innovation erfreuen, mit einem Sonnenschirm gekrönt zu werden. Welch epochale Leistung im Rahmen eines "Klimaanpassungskonzepts", fast möchte man den Champagner öffnen. Die Bürgermeisterin beeilt sich zu betonen, dass diese Trophäen den Schutz der Kleinsten gewährleisten sollen – als ob in längst vergangenen Zeiten Kinder auf Spielplätzen reihenweise der Sonne zum Opfer gefallen wären, weil es an einem Stück Stoff gefehlt hat.
Natürlich, der Schutz vor UV-Strahlung ist wichtig, und niemand bestreitet, dass Kinder eine besondere Vulnerabilität aufweisen. Doch fällt es schwer, dieser anstrengenden Inszenierung von Fürsorglichkeit nicht mit ironischer Distanz zu begegnen: Sonnenhüte und Sonnencreme sind offenbar weiterhin zu erwarten, möglicherweise überfordern sie ja gewisse Eltern, und die Stadt hilft gern nach. Wie erbärmlich muss das Vertrauen in den gesunden Menschenverstand der Bevölkerung sein, wenn jeder Handgriff der Selbstfürsorge substituiert wird durch öffentliche Wohltaten? Man könnte fast meinen, dass der bürgerliche Fortschritt darin besteht, den Menschen – verzeihen Sie, den „besonders gefährdeten Gruppen“ – jeden Funken Eigenverantwortung abzunehmen, bis sie ganz in der weichen Umarmung kommunaler Vormundschaft verschwinden.
Nietzsche wusste bereits: „Die Menschen fordern Freiheit der Rede, um den Mangel an Freiheit des Denkens zu kompensieren.“ Man modifiziert das Zitat nur ein wenig, um darauf hinzuweisen, dass der permanente Ruf nach Schutz ausschließlich die eigene Ohnmacht überdeckt. Und während die wackeren Stadtväter schönwettertaugliche Schirme feiern, bleibt festzuhalten: Wahrer Fortschritt war selten so erbarmungswürdig bieder wie hier. Aber immerhin – der Plebs hat wieder Schatten. Welch beruhigender Gedanke, von erlesener Trivialität.