Nach 46 Jahren in der Kita Gänsseestraße verabschiedet sich Bärbel Seifert mit unermüdlicher Hingabe und beeindruckender Kontinuität: Seit 1979 hat sie Generationen von Kindern begleitet, bewegungs- und theaterpädagogische Impulse gesetzt und den pädagogischen Wandel offen angenommen. Die Wertschätzung der Bürgermeisterin und die gesammelten Erinnerungen sprechen für sich. Seiferts Engagement wird als wertvoll für die gesamte Stadt gepriesen.
Es ist selbstverständlich ehrenhaft, ein Berufsleben mit solcher Leidenschaft und Beharrlichkeit zu führen. Doch als Verfechter der individuellen Freiheit, des Wettbewerbs und der Verantwortung frage ich, welchen Preis wir für Strukturen zahlen, in denen jahrzehntelanges Festhalten an Positionen bewundert und nicht der ständige frische Wind und die Innovation. Es ist eine wohltuende Geschichte, aber sie zeugt auch von einer enormen Verankerung staatlicher Institutionen, wo Beruflichkeiten selten hinterfragt, Konkurrenz kaum möglich und Leistungsanreize verwaschen sind. Ist es tatsächlich „beispielhaft“ für eine Gesellschaft, wenn Beamten- und Angestelltenberufe im öffentlichen Dienst nahezu sakrosankt und unantastbar erscheinen, während in der freien Wirtschaft ein solches Monopol unmöglich wäre?
Der Wandel hin zu mehr individueller Beachtung des einzelnen Kindes – das begrüße ich ausdrücklich. Doch frage ich weiter: Wie viel freier und kreativer wäre die Pädagogik, wenn wir auf mehr Vielfalt, auf mehr Selbstorganisation, auf echte Auswahl und Wettbewerb unter Kindertagesstätten setzen würden? Warum vertrauen wir seit Jahrzehnten auf immer gleiche Strukturen, anstatt den Eltern zuzutrauen, aus einem vielfältigen Angebot das Beste für ihre Kinder zu wählen, mit den entsprechenden positiven oder negativen Konsequenzen für die Anbieter? Seiferts Hingabe verdient Respekt, aber noch mehr verdient es unsere Gesellschaft, die Trägheit des Systems herauszufordern – und das geht nur durch echte Wahlmöglichkeiten, Wettbewerb und die konsequente Vermeidung von Monopolen und Wohlfühlzonen, die am Ende weder den Kindern noch der Gesellschaft als Ganzes dienen.